- in: Ladislav Hejdánek, Wahrheit und Widerstand. Prager Briefe, transl. Milan Walter – Eva Bauer, München: P. Kirchheim, 1988, p. 92–98
- in: Unterwegs - Itinerarium, Wien: Universitätsseelsorge, 1990, n. 4, p. 12–14
Was ist Christentum?
Lieber Freund,
ich habe mich schon gewundert, daß unter den vielen Fragen und Themen, die Du mir in den letzten Wochen vorgelegt hast, sich nichts auf das Christentum bezogen hat, obwohl ich es schon öfter erwähnt habe. Jetzt, nachdem Du diesen Punkt doch noch berührt hast, verstehe ich auch, warum Du damit so lange gezögert hast. Aus Deiner Frage höre ich viel Skepsis: Hat die Religion, hat das Christentum noch einen festen Platz, irgendeine positive Funktion, irgendeine Perspektive in der heutigen Gesellschaft, bei uns und auf der Welt? Ich kann auch noch eine andere Frage hinzufügen, die mir kürzlich sehr offen und ehrlich ein Marxist gestellt hat: Hat es denn irgendeinen positiven Sinn, daß im Kampf um die fundamentalen Menschenrechte besonders auch die Religionsfreiheit betont wird? Es handele sich doch im allgemeinen um die Freiheit der Überzeugung und Anschauung; deshalb sei es nicht wichtig, ob diese Überzeugung religiös oder nicht religiös sei. Heute sei doch die Welt anders, die Religion spiele in ihr keine bedeutende Rolle mehr. Wenn die Christen verlangten, daß auch ihre Stimmen gehört werden, so würden sie nur ihr eigenes Süppchen aufwärmen. Die heutigen Christen seien sehr weit davon entfernt, außer für sich Rechte und Freiheiten auch für andere zu fordern. Im übrigen seien sie schon immer sehr weit davon entfernt gewesen.
Ich denke, daß ein wirklicher Christ bei der Beantwortung solcher Fragen und eigentlich auch solcher Vorwürfe niemals versuchen sollte, mit irgendeiner Verteidigung und Rechtfertigung des Christentums und der Christen zu beginnen. Wenn jemand wirklich das Gefühl für die eigene Schuld und Sünde haben sollte, dann gerade ein Christ. Ich glaube, daß das niemand so auffassen muß, als ob der Christ besser wäre (oder sein sollte) als „die anderen“. Die Erfahrung hat im Gegenteil gezeigt, daß er den gleichen Fehlern, Vergehen und Lastern unterliegt wie jeder andere auch. Weil er aber einen festen Maßstab hat, hat er die Möglichkeit, aber zugleich auch die Pflicht, über die eigenen Mängel und das eigene Verschulden Bescheid zu wissen; er kann und soll sie besser kennen. Ihm ist es insbesondere nicht erlaubt, daß er seine Fehler bagatellisiert, verniedlicht oder gar entschuldigt. Sofern er es dennoch tut, ist er in Wirklichkeit kein Christ, sondern gibt sich nur für einen solchen aus, weil er vom Grundsatz des Evangeliums nichts begriffen hat. Aus diesem Grunde ist es auch höchst verdächtig, wenn ein Christ von etwas Bösem spricht, wenn er einen Mißstand oder eine Ungerechtigkeit kritisiert usw. und sich selbst ausnimmt, indem er sich in die Rolle eines gerechten Richters versetzt, also in die Position dessen, der mit dem Bösen nichts gemein hat, frei von jeder Schuld ist und jede Beteiligung an der kritisierten mißlichen Lage weit von sich weist. Genauso verdächtig ist es, wenn er sich nicht nur auf sich selbst beschränkt, sondern gleichzeitig die eigene Kirche oder die Christen überhaupt aus der Verantwortung herauswinden möchte. Der Christ hat nicht das Recht, ein einziges kritisches Wort an die Adresse irgendeiner Seite zu richten, wenn er zugleich vor sich selbst und vor den anderen seinen eigenen Anteil an persönlicher Mitschuld und die Frage der Mitschuld der Kirche und der Christen überhaupt nicht eindeutig klärt. Ich bin überzeugt, daß dies die einzige Sache ist, in der die Aufgabe der Christen auch in unserer modernen Gesellschaft, in unserer „areligiösen“ Welt vollkommen unersetzbar und höchst notwendig ist. Und wenn sich die Christen, aus welchen Gründen auch immer, dieser Rolle entziehen wollen, wenn sie ihr ausweichen, hören sie auf, Christen zu sein und machen sich selbst und ihre Kirche zum „bitter gewordenen Salz“, das nichts anderes verdient, als weggeworfen zu werden (eventuell auf jenen berühmten „Müllhaufen der Geschichte“) und von Menschen zertreten zu werden.
Im Kampf um die fundamentalen Menschenrechte und die bürgerlichen Freiheiten haben also die Christen noch eine andere Funktion, als nur eine der Gruppen zu sein, die in unserer Gesellschaft unterdrückt und diskriminiert werden. Und sie haben schon gar nicht das Recht, ihre Wunden und Abschürfungen vorzuzeigen und darüber zu jammern, daß man mit ihnen schlechter als mit anderen umgehe. Zum einen stimmt das nicht, und auch wenn es wahr wäre, hätten sie kein Recht, sich deshalb zu beschweren. Ihre Aufgabe ist eine ganz andere: Die Christen sollen ihr Gewissen prüfen, inwiefern sie selbst als Christen und als Mitglieder ihrer Kirchen (also nicht nur privat) die Mitschuld an jener Unterdrückung und Diskriminierung tragen, d.h. sie sollen ihr Gewissen prüfen, in welcher Beziehung sie zu den anderen Unterdrückten und Diskriminierten stehen. In den Evangelien, vor allem aber in der Bergpredigt, wird mit besonderer Betonung darauf hingewiesen, daß im menschlichen Leben entscheidend ist, was wir für die tun, die hungern und dürsten (damit sind an erster Stelle tatsächlich Hunger und Durst gemeint, aber an einigen Stellen wird dies auch als Hunger und Durst nach Gerechtigkeit interpretiert, und in diesem Sinne hat das immer noch volle Geltung), für die unzureichend Bekleideten und Frierenden, die Leidenden und namentlich solche, die um einer gerechten Sache willen leiden, die Verdammten und die Gehaßten, die Eingekerkerten usw. Die Armen, Unterdrückten, unrecht Behandelten, Leidenden, Weinenden, Verfolgten und Geschmähten – das sind die, an denen der Christ seine Beziehung zu Jesus beweist (oder beweisen soll). Vielleicht spricht man zuwenig darüber, daß eine bestimmte, unmißverständliche Beziehung zu dem wirklich Hungernden und Dürstenden notwendigerweise zu einer bestimmten und unmißverständlichen Beziehung zu dem, der alle Tage schmaust, führen muß. Wenn mein Herz wirklich auf der Seite der Armen ist, werde ich nicht in der Gesellschaft der Reichen schmarotzen. Wenn ich zumindest im Geiste den Eingekerkerten besuche (weil unsere Zivilisation mittlerweile so weit fortgeschritten ist, daß die Gefangenen nur noch von den nächsten Angehörigen und dann auch noch mit einer Extragenehmigung besucht werden dürfen), werde ich nicht mit dem gleichen Menschen an einem Tisch sitzen, der ihn gefangenhält. Wenn ich meine Sympathie und meine Hilfe denjenigen Menschen bekunde, die verfolgt und erniedrigt werden, dann werde ich meine Zuneigung und Freundschaft nicht den Verfolgern und Schändern schenken. Und so weiter. Das alles bedeutet jedoch noch nicht, daß ich das Böse mit Bösem zurückzahlen werde und daß ich die hassen werde, die mich hassen (und die diejenigen hassen, denen ich in Freundschaft verbunden bin). Aber wer wie eine Eidechse in die Zukunft schlüpfen möchte und sich’s mit niemandem verderben will, der wird unter die Böcke und nicht unter die Lämmer geraten.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen in dieser Hinsicht die führenden Repräsentanten der christlichen Gemeinden und die Mitglieder der Kirchenleitung. Wenn ich mich im Falle eines zu Unrecht Verurteilten auf eine einfache menschliche Hilfe ihm und seiner Familie gegenüber beschränken und mich von denen, die ihn zu Unrecht abgeurteilt haben, nur formell und ohne viel Lärm distanzieren kann, so ist mir das gegenüber kirchlichen Würdenträgern nicht erlaubt, die aus Taktik und aus Angst, aus niedriger Angst um die eigene Existenz, oder vielleicht aus bloßer Niedertracht beginnen, die Ungerechtfertigtheit zu rechtfertigen, vor der Wirklichkeit die Augen zu verschließen, oder sich herauszureden, daß es nicht ihre Sache sei, sich in solchen Angelegenheiten zu engagieren. Das ist einfach Versagen, Verlogenheit und Verrat, dem gegenüber kein wirklicher Christ gleichgültig und neutral bleiben kann, gegen die jeder Christ protestieren soll und muß. Kirchliche Repräsentanten, aber auch eine ganze Reihe einfacher Pfarrer und Priester und sogar sehr viele einfache Laien sagen mir, daß das, was ich sage, eine Verrücktheit sei, weil es der sicherste Weg zur Liquidierung der ganzen Kirche sei; daß es notwendig sei, einiges zu schlucken, nur damit die Kirche erhalten bleibe, damit sie leben könne. Aber dadurch beweisen sie, daß sie nicht wissen, was das Christentum eigentlich ist, daß der wirkliche Glaube ihnen fremd ist, daß sie nicht einmal die Evangelien richtig gelesen haben. Sonst hätten sie gewußt, daß ein Mensch, der mit dem Christentum wenig oder gar nichts gemeinsam hat („Samariter“, d.h. Nicht-Jude), aber der bereitwillig einem Menschen hilft, der durch einen Schurken verletzt wurde, tausendmal Vorrang vor einem anderen hat, und wäre dieser selbst ein Priester, kirchlicher Repräsentant oder sogar ein Würdenträger, der ein armes Wesen nicht einmal wahrnimmt, weil er in die Kirche eilt, um seine heilige Pflicht zu erfüllen. Sonst wüßten sie auch, daß nur die Selbstaufopferung (also keine Selbsterhaltung) sich auf Christus berufen darf, und daß der Weg der Ablehnung des Selbstopfers satanisch ist („Weiche von mir, Satan“, sagte Jesus zu Petrus genau in dieser Situation), und daß das Korn nur dann einen Ertrag bringt, wenn es selbst vergeht; wenn es hingegen selbst erhalten bleibt, wird nichts aus ihm wachsen. Verzeih, daß ich ins Predigen und sogar ins Pathetische abgerutscht bin. Ich kann aber nicht begreifen, warum heute Christen vor sich selbst und vor anderen Menschen ihre kirchliche Hierarchie entschuldigen können, die einen Kompromiß nach dem anderen schließt, ihre Schafe verrät und sie ganz den Wölfen überläßt. Oder die es nicht für notwendig hält, die Leidvollen, Traurigen, Geschmähten und Verfolgten zu beachten, auch wenn das nicht „ihre Schäfchen“ sind. Leider mußte ich diese Erfahrung mit den Repräsentanten meiner eigenen Kirche machen, eine ähnliche Erfahrung, wie sie auch meine katholischen und anderen christlichen Brüder schon gemacht haben. Ich bin tief davon überzeugt, daß so etwas keine Entschuldigung duldet, und daß die einzig mögliche Art zu reagieren nicht nur die vollständige Distanzierung und Ablehnung ist, sondern insbesondere die Suche nach einer neuen Orientierung und nach einem vollkommen anderen Weg.
Natürlich geht es nicht nur um die Repräsentanten der verschiedenen Kirchen und die Kirchenleitungen; es geht auch um die breite Basis der Mitglieder, auf die sich die versagenden und schon versagt habenden Repräsentanten in Wirklichkeit stützen können und auch stützen. Ich weiß nicht, ob es erlaubt ist, derart zu generalisieren, aber heute haben unsere Kirchen bestimmt die Repräsentanten, die sie verdienen. Die einfachen Christen, die in Widerspruch und überzogener Vorsicht leben und von Kompromiß zu Kompromiß eilen, können nicht erwarten, daß ihre Führer zu Heiligen werden. Alle die Krankheiten, die unsere ganze Gesellschaft schwächen, finden wir durchweg auch in unseren Kirchen. Hier kommt dies jedoch noch gräßlicher und abstoßender zum Vorschein als anderswo. Vielleicht deshalb, weil die Kirchen unentwegt versuchen, sich besser darzustellen und sich des öfteren verstellen. Wenn ich zurückblicke, bin ich immer mehr davon überzeugt, daß unsere gesellschaftliche Situation anders, besser und perspektivenreicher hätte aussehen können, wenn sich alle Christen in unserem Land in den letzten dreißig Jahren wie wirkliche Christen verhalten hätten. Aber sie haben versagt. Vor neun Jahren haben das die Kirchenoberen selbst einmal zugegeben und sogar öffentlich gestanden. Aber heute machen oft gerade diejenigen, die damals Selbstkritik übten und Buße taten, wieder das gleiche, was sie damals bereut haben. Heute jedoch wird ihnen niemand mehr Glauben schenken, wenn sie wieder Buße tun. Durch ihre Schuld verliert die christliche Verkündigung ihre ganze Überzeugungskraft. Wenn Du oder ein anderer an der Zukunft des Christentums zweifelst, so verstehe ich das völlig und ich bin auch nicht geneigt, Dir diesen Zweifel auszureden. Ich selbst habe meine Zweifel an der Zukunft der Christen und der christlichen Kirchen bei uns (insbesondere bei uns, obwohl ich den Eindruck habe, daß es woanders nicht viel besser ist). Das Leben der sogenannten Gläubigen und das Leben der Kirchen ist eine wirkliche Blamage; ich kann nicht anders als mich jedesmal, wenn ich daran denke, zu schämen. Die größte Schande ist jedoch, daß, wenn sich einige Menschen zusammenfinden, die ihren Glauben ernster und tiefer als die übrigen nehmen, und wenn sie deshalb Ärger bekommen, sich viele, vielleicht die Mehrheit der anderen, von ihnen vorsichtshalber distanzieren (um ihr eigenes Gewissen nicht zusätzlich belasten zu müssen) und verständnisvoll dazu nicken, wenn sich auch die Kirchenvertreter offiziell von ihnen distanzieren, statt diese sofort zur Ordnung zu rufen. Ich werde beispielsweise niemals die bittere Pille vergessen (von denen ich gerade in den letzten Jahren eine Menge schlucken mußte), als Svatopluk Karasek verhaftet wurde und vor Gericht kam, weil er sich entschieden hatte, wenigstens mit seinen Liedern zu predigen, wenn er es von der Kanzel aus nicht tun durfte; und als der Student Tydlitát, der seiner in einem Gebet beim Gottesdienst gedachte, die Fakultät verlassen mußte. Das Unglaubliche wurde wahr; ein Theologiestudent wurde von seinen eigenen Professoren der theologischen Fakultät verwiesen, weil er sich so verhalten hatte, wie sich zum mindesten auch sie hätten verhalten sollen. Können diese Professoren hoffen, noch jemals ernst genommen zu werden, wenn sie über Christus und das Evangelium sprechen? Auch wenn sie wieder einmal selbstkritisch ihre Schuld bekennen sollten? Und wie christlich hat sich der Synodalrat verhalten? Was haben die Senioren und die Synodalausschüsse dazu gesagt? Und alle Gemeinden? Kritische und ablehnende Stimmen waren die Ausnahme. Wozu ist eine Kirche nötig, in der vom Christentum nur noch fromme Phrasen überlebt haben?
Wenn ich mich über die Zukunft des Christentums oder besser des Glaubens äußern sollte und den jetzigen Zustand meiner Kirche mitberücksichtigen müßte (die anderen Kirchen werde ich lieber nicht erwähnen, dazu sind wiederum die Brüder der jeweiligen Kirchen berufen), dann hätte ich sagen müssen: Fiasko, Ende und katastrophale Schande. Ich kenne jedoch das Christentum nicht nur von außen. Ich kenne den Unterschied zwischen dem faktischen Zustand der Kirche und der Kirchen und dem wirklichen Inhalt der „Frohen Botschaft“, d.h. des Evangeliums für unsere Zeit und für unsere Gesellschaft. Ich kenne kein anderes, hoffnungsvolleres und reelleres Programm für diese von allen Seiten bedrohte, durch alle möglichen Ängste bedrängte und deshalb höchst gefährdete Welt. Aber ich stelle mir schon lange die Frage: Wie soll ich das alles zum Ausdruck bringen? Was soll ich sagen, damit ich die Menschen gewinne und nicht eher abschrecke? Wie können meine Worte überzeugend wirken, wenn sich aus der Gemeinschaft der Christen ein fauler Verwesungsgeruch verbreitet? Und wen er – wie anders sonst? – auch aus mir herausströmt? Ich denke, daß jede theoretische Antwort auf Deine und ähnliche Fragen sehr schwach ist; und im Grunde auch unnütz. Nur die Tat ist hier am Platz, nur im praktischen Leben kann darüber entschieden werden. Der Kampf um die Einhaltung der Gesetze und um die Respektierung der Bürgerrechte und der menschlichen Freiheiten ist eine solche Gelegenheit zur Tat, zum praktischen Beweis, daß das Christentum noch lebt. Natürlich gibt es noch andere, weniger ostentative Gelegenheiten. Trotzdem: Die Gelegenheit kommt und verschwindet wieder. Dann ist es vergebliche Mühe zu jammern, daß wir diese Gelegenheit nicht bemerkt haben, daß wir nicht erkannt haben, daß das unsere Lebenschance war. Wir werden dann hören: Was ihr für die Armen, die geschmäht, erniedrigt, geschändet, verraten, durch die Polizei und die Gerichte verfolgt oder am Arbeitsplatz schikaniert, aus der Schule geworfen wurden, über die Lügen und Verleumdungen verbreitet wurden usw., nicht getan habt, habt ihr für mich nicht getan. Wen kann später interessieren, wenn wir bittere Tränen vergießen und bereuen werden, was wir zu tun versäumt haben oder was wir getan haben? Was nützt es uns, im Nachhinein alles zu widerrufen, zu revidieren und vielleicht auch wirklich das, was dann noch gerettet werden kann, zu korrigieren (weil wieder einmal ein anderer politischer Mantel getragen wird)? Dann wird es zu spät sein! Wer wartet und wer sich selbst für irgendeine große Gelegenheit aufheben möchte, der hat sie schon verpaßt, weil eine große Gelegenheit immer nur jetzt und hier gegeben ist. Hic Rhodus, hic salta, Christ! Dein angeblicher Glaube muß sich in ganz gewöhnlichen, alltäglichen menschlichen Ereignissen erweisen. Wie lesen wir es in Jesajas Prophezeiung?
„Was soll ich mit euren vielen Schlachtopfern? spricht der Herr. Die Widder, die ihr als Opfer verbrennt, und das Fett eurer Rinder habe ich satt; das Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke ist mir zuwider. Wenn ihr kommt, um mein Angesicht zu schauen – wer hat von euch verlangt, daß ihr meine Vorhöfe zertrampelt? Bringt mir nicht länger sinnlose Gaben, Rauchopfer, die mir ein Greuel sind. Neumond und Sabbat und Festversammlung Frevel und Feste – ertrage ich nicht. Eure Neumondfeste und Feiertage sind mir in der Seele verhaßt, sie sind mir zur Last geworden, ich bin es müde, sie zu ertragen. Wenn ihr eure Hände ausbreitet, verhülle ich meine Augen vor euch. Wenn ihr auch noch so viel betet, ich höre es nicht. Eure Hände sind voller Blut. Wascht euch, reinigt euch! Laßt ab von eurem üblen Treiben! Hört auf, vor meinen Augen Böses zu tun! Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen!“
Welchem Unterdrückten helfen heute die Christen? Welchem Unterdrückten wirst Du helfen, sofern Du Dich für einen Christen hältst und die Gewißheit hast, wirklich einer zu sein? Wem wirst Du heute und hier, in diesem Land, Recht verschaffen? Oder hast Du andere „geheiligte“ Arbeit vor Dir? Wie Du siehst, schließe ich nur mit Fragen.
Dein
Ladislav Hejdánek
Prag, den 14.4.1977