- in: Ladislav Hejdánek, Wahrheit und Widerstand. Prager Briefe, přel. Milan Walter – Eva Bauer, München: P. Kirchheim, 1988, str. 146–152
Was ist Revolution?
Lieber Freund,
Du machst mir Vorwürfe, daß ich das Thema „Revolution“ nur angeschniten, aber ansonsten kein weiteres Wort dazu gesagt habe. – Ich gebe zu, daß dieses Wort in meinem Brief nicht mehr zu finden ist, aber trotzdem glaube ich, dort bereits alles Wesentliche gesagt zu haben. Trotzdem nehme ich gern die Gelegenheit wahr, und verdeutliche meinen Standpunkt noch einmal.
Die Betonung des Revolutionären und der revolutionären Begeisterung ist ein Überbleibsel des politischen Romantizismus. Für den Romantizismus ist eine besondere Gewalttätigkeit charakteristisch, die freilich in ihren Ursprüngen viel älter ist und viel tiefere Wurzeln in der ganzen europäischen Tradition hat. Bereits die ältesten griechischen Denker haben eine sehr durchgreifende Wandlung im gewöhnlichen Zugang zur Welt vorbereitet, nämlich den sogenannten Objektivismus, anders ausgedrückt, das gegenständliche Denken. Der Mensch ist die Spitze einer langen Entwicklung der lebendigen Organismen und ist ebenso tief in dieser Geschichte alles Lebendigen wie in der gegenwärtigen aktuellen Biosphäre verankert. Der Mensch und die Menschheit können nur inmitten der Welt, inmitten anderer lebendiger Wesen existieren. Der Mensch ist viel mehr von anderen Organismen abhängig als von der anorganischen Welt. Die Abhängigkeit von der unbelebten Natur wurde ihm immer nur vermittelt, fast niemals mußte er ihr direkt standhalten. Das ändert sich radikal erst in der neuesten Zeit, und es ändert sich als entfernte Folge der vor zweieinhalbtausend Jahren begonnenen Tradition des gegenständlichen Denkens und der gegenständlichen Beziehung zu Wirklichkeit und Welt an sich. Indem der Mensch jedoch alles auf die Sache, auf den Gegenstand, auf das Objekt (im metaphysischen Sinne) überträgt, verzerrt er eigentlich die Wirklichkeit und mißinterpretiert sie, mystifiziert sie. Kurz gesagt: Er vergewaltigt sie. Aber der Romantizismus bleibt nicht bei einer solchen unbewußten, unwillkürlichen und ungewollten Gewalt, sondern findet an der Gewalt und gewaltsamen Lösungen ein besonderes Gefallen. Er glaubt nur an gewaltsame Lösungen, legt in die Gewalt alle seine Hoffnungen und ist zutiefst davon überzeugt, daß nur mit Hilfe gewaltsamer Mittel die erwünschte Vollkommenheit, Schönheit, Wahrheit, das Gute und sogar der Frieden zu erreichen sind. In Wirklichkeit erreicht er genau das Gegenteil. Die Darstellung der schönen und edlen Ziele erfüllt dann nur die Aufgabe der Verdummung seiner selbst und anderer. Sie ist eine Täuschung, ein Betrug, eine Lüge – kurz: ideologischer Flitter. In alledem stellt der Romantizismus einen letzten großen Aufstand gegen die organische Verbundenheit des Menschen mit der Biosphäre, mit der Natur und der Welt überhaupt dar.
Die größten Persönlichkeiten der europäischen Philosophie des vergangenen Jahrhunderts sind genauso wie große Persönlichkeiten der Weltpolitik Kinder dieser sonderbaren Bewegung. Und unsere heutige Welt ist in hohem Maß Produkt und Frucht dieses weltbewegenden Irrtums und des gedanklichen und existenziellen Irrwegs des europäischen (und heute vor allem auch des durch Europa beeinflußten und gebrandmarkten) Menschen. Man muß jedoch sofort hinzufügen, daß unsere nationale Geschichte im ganzen bis vor kurzem nur kleine und begrenzte Spuren dieser romantischen Gewalttätigkeit bzw. des gewalttätigen Romantizismus gehabt hat. In den letzten dreißig Jahren wurde eine große propagandistische und agitatorische Anstrengung zur Glorifizierung des Revolutionsgeistes und der Revolution unternommen, aber ich habe den Eindruck, daß sie keinen großen Erfolg hatte und daß ihre ganze Arbeit in Wirklichkeit hauptsächlich nur dafür aufgewendet wurde, daß aus dem Revolutionsgeist eine Phrase wurde. Eine echtere Woge des revolutionären Empfindens läßt sich nur für das Ende der Vierziger Jahre und vielleicht auch noch in den ersten Jahren des folgenden Jahrzehnts konstatieren. Die Ernüchterung hat sich aber gerade bei denen sehr schnell eingestellt, die sich durch den Revolutionsgeist berauschen ließen. Den fehlenden Sinn für politischen Revolutionsgeist kann man für einen der Vorzüge unseres Nationalcharakters halten. Er wird jedoch von einer Tatsache begleitet, die dieses Urteil empfindlich entwertet oder zumindest relativiert. Um zwischen den beiden Seiten unterscheiden zu können, müssen wir uns einige Termini und Formulierungen von Havlíček leihen, der zwischen einem revolutionären Radikalismus und zwischen dem, was er die „Revolution der Köpfe und der Herzen“ nennt, unterscheidet. (Der primäre Text dazu ist Havlíčeks Artikel „Revolution“, der zweimal in der Zeitschrift „Slovan“ am 30. 1. 1851 und am 8. 2. 1851 erschienen ist.) Havlíček ist nicht prinzipiell gegen Revolution. Er sagt zwar, daß jede Revolution ein Unglück sei, aber wenn dieses Unglück unausweichlich sei und wenn es neue Wege zum zukünftigen größeren Glück eröffne und frei mache, „dann muß jeder kluge Mensch diesen Unglücksfall geduldig in der Hoffnung jener darauffolgenden Glückseligkeit ertragen.“ Primär ist jedoch etwas anderes: „Die Revolution ist nur ein Mittel zur Beseitigung einer schlechten, verhaßten Regierung, aber die Revolution an sich ist noch lange kein Mittel zur Gründung und zur Erhaltung einer guten Regierung.“ Zugleich weiß Havlíček jedoch, daß „die Freiheit in den seltensten Fällen völlig ohne Kampf und Blutvergießen zu erreichen ist“; die Erfahrung der ganzen Geschichte lehrt uns, daß es unmöglich ist, auf dem gesetzlichen Wege Freiheit zu erkämpfen, sondern nur auf dem revolutionären“. Kurzum: Havlíček ist überzeugt, daß die Revolution manchmal wirklich unausweichlich ist, aber daß sie nur im Stande ist, ein unerträgliches Regime zu zerstören und zu liquidieren. Die Revolution sei jedoch niemals eine Methode, ein besseres Regime aufzubauen und eine bessere Regierung zu wählen. Daraus können wir folgern, daß die Revolution immer nur eine kurzfristige Berechtigung hat. Die Revolution kann nämlich niemals vollständig siegen, denn im Moment ihres Sieges hört sie entweder auf, Revolution zu sein und muß mit dem Aufbau beginnen (der sich jedoch wesentlich von jeder Zerstörung und jeder Vernichtung unterscheidet), oder sie behält ihre Gewalttätigkeit bei und wendet Gewaltmittel zum Aufbau einer sogenannten neuen Ordnung oder neuen Gesellschaft an. Sie kann sich dann tausendmal einreden, daß sie Revolution bleibe – aber sie wird nicht mehr siegen, sondern im Gegenteil, sie verliert, verspielt und begräbt nach und nach alles Gewonnene.
Die sozialistische Weltbewegung ist von Anfang an durch die traumatische Erfahrung der Französischen Revolution gekennzeichnet. In der Französischen Revolution hat sich zum erstenmal deutlich gezeigt, daß die konsequent verteidigten demokratischen Prinzipien notgedrungen zur sozialen und wirtschaftlichen Demokratisierung führen. Damals hat es sich gezeigt, daß die Bourgeoisie Angst vor ihren eigenen Grundsätzen bekam, ja, daß sie regelrecht erschrak. Damals hat sie Bourgeoisie ihre eigenen Ideale verraten und die Verfechter einer wirklichen und konsequenten Demokratie in Blut ertränkt. Und daran ändert auch nichts, daß sie sich auf die barbarischen Revolutionsmethoden herausreden konnte, die allerlei Gesindel aus Motiven praktizierte, die mit den demokratischen Prinzipien nichts gemein hatten. Marx, der bedeutendste Theoretiker und Praktiker des Sozialismus des vergangenen Jahrhunderts, war überzeugt, daß man gerade die Französische Revolution – mit allen sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen zu Ende führen müsse. Um dies zu ermöglichen, ist eine gründliche Vorbereitung vonnöten, damit die nächste Revolution nicht besiegt werden kann. Das ist das Wichtigste, was Lenin bei Marx begriffen hat: Die größte Gefahr für die Revolution ist die Konterrevolution. Das Hauptziel des Kampfes im Jahre 1917 war deshalb, die Wiederholung des Jahres 1905 nicht zuzulassen, d.h. nicht zuzulassen, daß die Konterrevolution auch nur eine noch so kleine Chance bekäme. Der Aufbau der neuen Gesellschaft mußte warten. Zunächst war es notwendig, alle Macht den nichtrevolutionären oder gar konterrevolutionären Händen zu entreißen, sie zu zentralisieren und voll zur Einschüchterung und Liquidierung aller wirklichen und potentiellen Feinde einzusetzen. Das Mißtrauen gegenüber den Revolutionären hat schon während der Französischen Revolution seine erschütternden Früchte getragen. Das alles wurde jedoch nach der Zerschlagung des zaristischen Rußlands in den Schatten gestellt, als die Revolution bis zum „Endsieg“ revolutionär bleiben wollte. Eine neue Gesellschaft und ein neuer Staat wurden zwangsläufig aufgebaut. Aber dabei kam es zu solch riesigen Verlusten aller Art und zu so vielen menschlichen Katastrophen, daß es jede Vorstellungskraft übersteigt. Es scheint, als ob diese neue Erfahrung der Menschheit mit der Revolution ein neues, vielleicht noch größeres Trauma für alle künftigen Sozialisten und sozialistischen Programme bedeutet. Sie muß jedoch in erster Linie einer möglichst gründlichen Analyse unterzogen werden. Zunächst sieht es so aus, daß die Revolution, die alle ihre wirklichen und potentiellen Widersacher und Feinde liquidiert und glaubt, daß sie dadurch die Konterrevolution ausgeschlossen hat, von der Konterrevolution einige Züge (einige Aspekte, bzw. Funktionen) übernimmt und so allmählich zu ihrem eigenen Hauptfeind wird. Während die Geschichte gezeigt hat, daß keine Konterrevolution die gesellschaftliche Entwicklung auf die Dauer stoppen kann, hat sie ebenfalls gezeigt, daß keine Revolution ein dauerhaftes Vorwärtsschreiten bedeuten kann. Und was an der ganzen Sache am tragischsten ist: alles deutet darauf hin, daß der Übergang von der Revolution zu einem normalen, organischen gesellschaftlichen Leben sehr schwer zu sein scheint, daß die Folge jeder großen, bewaffneten, blutigen Revolution eine Jahrzehnte andauernde gesellschaftliche und politische Stagnation ist; und eine Begleiterscheinung dieser Stagnation ist die Sterilität des offiziellen kulturellen Lebens. Während vor der Revolution die revolutionäre Gesinnung eines der größten Stimulanzien des künstlerischen und geistigen Schaffens und eine der Grundlagen ihres Ideenreichtums ist, wird sie nach der siegreichen Revolution zum Ballast, zur Last und zum Hindernis, zumindest aber zur Formalität und zur Phrase, die jedes künstlerische und literarische Werk vernichtet und innerlich korrumpiert. Das alles zeigt überzeugend, daß Havlíček mit seiner Unterscheidung zwischen der bewaffneten Revolution und der Revolution der Köpfe und Herzen ganz im Recht war. Auch wenn es Ausnahmen gibt, läßt sich sagen, daß fast alle große Kunst und fast jede große Philosophie der Revolution sehr nahe stand, ja, sie hatte etwas Revolutionäres in sich selbst. Die revolutionäre Gesinnung, als Aufgeschlossenheit für die Zukunft, als Sympathie für neue Wege, als Bereitschaft zu unerwarteten, überraschenden Lösungen, als individueller Mut, sich von Gewohnheiten zu befreien und sich notfalls allein gegen jegliche Routine und alle bewährten Sicherheiten, denen jedoch jede Perspektive fehlt, zu stellen – eine solche revolutionäre Gesinnung verlangt offene Köpfe, edle Gesinnung, Wahrhaftigkeit im Leben und Liebe zur Freiheit. Aber sobald sich ein neuer Gedanke, vielleicht die beste Idee, und eine ursprünglich durchaus richtige Sichtweise mit der Macht, der Gewalt und der Nötigung verbindet, verlieren sie nicht nur ihre Anziehungs- und Überzeugungskraft, sondern vor allem auch ihre Berechtigung und Wahrhaftigkeit; sie verlieren ihre besten Persönlichkeiten und ziehen eine lange Reihe von Schmarotzern an. Das, was die wirkliche und echte revolutionäre Gesinnung deformiert und korrumpiert, ist gerade ihr Bündnis mit der Macht, insbesondere mit der offiziellen Macht, und vor allem mit dem machtpolitischen Staatsmonopol, das kein bürgerlicher Widerstand daran hindert, die Gesetze zu verletzen und sich in das individuelle, gesellschaftliche, kulturelle usw. Leben einzumischen, für das alle staatlichen Mittel nur Hilfsmittel und Machtinstrumente, niemals jedoch Zweck und Ziel sind.
Havlíček hatte Recht, als er sagte, daß schlechte Regierungen in der Regel nicht anders die Szene verlassen als unter Gewalteinwirkung, also in der Folge revolutionärer Umstürze. Revolutionen bringen jedoch immer viel Tragisches mit sich. Je schlimmer die Regierung und mit je größerer Hartnäckigkeit sie sich mit aller Macht und Kraft am Ruder hält, desto tragischer sind auch diese Begleit- und Folgeerscheinungen der Revolution gegen sie. Es wäre ungerecht, dies als Schuld der Revolutionäre zu betrachten. Ein gerechteres Urteil vermindert jedoch keineswegs die Schrecken, die die ganze Gesellschaft ereilen. Revolutionen sind deshalb nur als ultima ratio, als das letzte Mittel akzeptabel, wenn alles übrige versagt und sich als zu schwach erweist. Aber sie sind und werden immer unerwünscht bleiben, weil sie nur ein weiteres Hindernis auf dem Weg zur Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens darstellen. Menschen, die sich vielleicht in der Revolution bewährt haben (und das ist noch ein günstigerer Fall, weil es manchmal Menschen waren, die sich an der Revolution nur parasitär beteiligt, ihr eigenes Süppchen gekocht haben und noch kochen und den revolutionären Geist nur vortäuschen), denken, daß sie sich das Recht auf die Führung der Gesellschaft auch in den Zeiten des normalen Lebens verdient haben. In Wirklichkeit eignen sich jedoch die Revolutionsführer zur Friedensführern genauso wenig wie Kriegshelden und ausgediente Generäle. Die Generäle haben in der Regel die Tendenz, aus dem Staat eine Kaserne zu machen; und die Revolutionäre bedrohen die Demokratie meistens mehr als die besiegten Reaktionäre.
Der revolutionäre Geist und die Revolution sind eine relative und sozusagen situationsbedingte Erscheinung; es existieren keine allgemeinen Züge des revolutionären Geistes, die man von der konkreten historischen Situation abstrahieren könnte. Deshalb kann auch die Revolution so leicht in die Konterrevolution übergehen, ohne unbedingt von einem äußeren Feind besiegt werden zu müssen. Ein Beweis dafür sind die zahlreichen überraschenden Bündnisse, vor denen sich die revolutionären Regierungen und Bewegungen nicht ängstigen und nicht ekeln, auch wenn der Partner eine unübersehbar konservative oder gar konterrevolutionäre Bewegung ist. Die individuellen und in Gruppen vollzogenen politischen Umstürze, bei denen die Einzelnen oder ganze Bewegungen von der äußersten Linken zur äußersten Rechten und umgekehrt wechseln, von denen sich eine lange Reihe aufzählen ließe, sind ein Beweis dafür, daß die revolutionären Phrasen und jeder Radikalismus eigentlich historisch und situationsbedingt entwurzelt, in Wirklichkeit ahistorisch sind und eher als ein pathologisches Syndrom erscheinen, das überall und jederzeit ohne Rücksicht auf die historischen Umstände auftritt. Eine solche pathologische, „professionelle“ revolutionäre Gesinnung muß isoliert und geheilt werden, weil sie den normalen Lauf des gesellschaftlichen Lebens bedroht. Sie steht in totalem Widerspruch zu den wirklichen politischen Überlegungen und Entscheidungen, die nicht auf Komplexen und Ressentiments begründet sein dürfen, sondern auf Vernunft und vernünftigen Begründungen.
Wie ich schon erwähnt habe, hat uns die revolutionäre Infektion im Vergleich mit zahlreichen anderen Völkern nicht allzu sehr angesteckt. Sie hat vor allem nicht bis in den Kern der nationalen Gesinnung und der nationalen Orientierung vordringen können. Die Mehrzahl der bösen Erfahrungen ist gar nicht einmal aus der revolutionären Besessenheit entstanden, sondern eher aus der Nachahmung fremder Vorbilder. Was uns aber wirklich fehlt, was in unserem nationalen Leben wirklich Mangelware ist, das ist echter Mut zur Revolution der Köpfe und der Herzen. Der tschechische Mensch ist ein Skeptiker und Pessimist, sobald es sich um allgemeinere Angelegenheiten und gesellschaftliche und nationale Programme handelt. Historische Erfahrungen haben den durchschnittlichen tschechischen Menschen gelehrt, seine eigenen privaten Lösungen zu suchen, besonders in schweren Zeiten. Das ist verständlich, wenn auch etwas traurig. Aber es ist widerlich, wenn sich ein gebildeter Mensch die Maske eines Revolutionärs aufsetzt, revolutionäre Slogans daherplappert und mit seinen Kollegen um die Wette revolutionäre Götzen zitiert, um bloß eine genauso private wie geschmacklose „kleine tschechische“ Lösung zu finden, die zum Heulen konservativ, rückständig und spießbürgerlich ist. Die revolutionäre Gesinnung läßt sich nämlich nicht herbeiorganisieren und strukturell sichern. Die wirkliche revolutionäre Gesinnung ist geistiger Natur und hat nichts mit machtpolitischen Mitteln und mit Nötigung (und schon gar nichts mit irgendwelchen materiellen Kampfmitteln) gemeinsam. Der revolutionäre Geist weht, wo er will – plötzlich ist er da und schon ist er wieder weg. Er unterliegt keinen Beschlüssen, keinen äußeren Maßnahmen; weder Konferenzen und Schulungen noch Agitationen können ihn herbeirufen. Sorgt euch um den Geist und nicht um den Buchstaben, sorgt euch um den Verstand und nicht um die Disziplin, sorgt euch mehr um überzeugende Argumente und scharfes Betrachten der Dinge und weniger um Dogmen, Vorschriften und Befehle – und die revolutionäre Gesinnung wird euch dazugegeben. Wir benötigen mehr Bildung, mehr Informationen, mehr offene Diskussionen, mehr Experimente, mehr freie und gewissenhafte Entscheidungen in eigener Verantwortung. Das wird dann die Revolution sein, die wir nötig haben wie das Salz.
Dein
Ladislav Hejdánek
Prag, den 31.3.1977